26. Oktober 2015

Wie alles begann

Meine Geschichte als Kartfahrer hat durch einen kompletten Zufall begonnen.

Nach einem langen Berufstag meiner Eltern sind wir zusammen mit deren Geschäftspartner und Freund Michal Wisniewski (Artist) zu einer top modernen Kartbahn in Warschau gefahren. Dort haben wir alle gemeinsam ein paar Runden gedreht. Was nur keiner dachte, bereits nach der dritten Runde mussten mich mein Papa, sowie Michal (selbst leidenschaftlicher Rennfahrer) ein wenig zurecht weisen…oder besser gesagt bremsen. Ich hatte nur noch eins vor Augen: ich wollte die beiden unbedingt überholen! Natürlich ohne Verstand und erst recht ohne Kenntnisse.logo[1]

So kam eins zum anderen: ich hatte Blut und Benzin geleckt!

Es verging kein Tag zu Hause, an dem ich nicht versuchte meine Eltern ein weiteres Mal zu einem solchen Ausflug zu überreden. Es dauerte nicht lang, bei meinen Überredungskünsten, und schon landeten wir in der Indoor Karthalle „Fahrwerk“ in Groß-Zimmern. Hier meldeten mich meine Eltern zu einem Lizenz-Kurs an, der eine Woche lang ging.

Da war der Bann komplett gebrochen. Seitdem bin ich an jedem Wochenende mit einem Kinderkart, später mit einem normalen Leihkart gefahren. Die Zeiten wurden von Woche zu Woche besser und auch an Spaß, Applaus und Doping hat meine Familie nicht gespart!

Doch irgendwann war auch hier eine Grenze erreicht und gemeinsam kamen wir zu dem Schluss, dass ich mich in der Halle nicht mehr weiterentwickeln kann und ich raus auf die Outdoor Strecken muss. Leichter gesagt als getan.

Dieser Entschluss und weitere Recherchen brachten uns schließlich zu einem Händler in unserer Nähe: Daniel Mazur (MKII). Nach der Kontaktaufnahme sind wir dort hingefahren und ihn vor Ort besucht. Nach einem ausführlichen Gespräch und kompetenter Beratung entschied man sich vorerst für ein Bambini Birel Chassis mit einem alten IAME Gazelle Motor. Bereits drei Tage später konnten wir das Kart schon abholen und nach ein paar Einstellungen und Ratschlägen vor Ort erstmals in Schaafheim damit trainieren.

Naja – wen wundert’s wenn ich jetzt sage, dass wir von Tuten und Blasen natürlich noch überhaupt keine Ahnung hatten. Setup-, Motoreinstellungen, Reifen – alles nur Bahnhof und ganz viele Fragezeichen! Trotz alle dem hatten wir riesigen Spaß!

wiboVon Rennfieber infiziert sind wir bereits drei Tage später nach Wittgenborn auf die Kartbahn gefahren. Eine super Strecke, viele Jungs, die ganz schön was drauf hatten und ich mittendrin als absoluter Neuling. Das konnte ja nur schief gehen, habe ich mir gedacht! „SCH…….!“, hätte ich am liebsten nach den ersten paar Runden gerufen, als ich links und rechts von einem nach dem anderen vernascht worden bin. Ich konnte überhaupt nicht gegen die anderen Fahrer ankämpfen, schnell habe ich den Mut verloren und wollte verschwinden.

Nach ca. 1h Kampf kam plötzlich jemand auf mich zu. Dirk Meyer, eigentlich jedes Wochenende in Wittgenborn anzutreffen, half mir und gab mir wertvolle Tipps, mit denen ich mich rasch zumindest etwas verbessern konnte. Naja – besser gesagt – am Anfang verstanden wir wieder mal nur Bahnhof. Mit der Aussage „der ist zu fett“ konnten wir so gar nix anfangen. Auch nach der fünften Wiederholung nicht. Wer ist zu fett? Ich? Nein, der Vergaser! ACHSO! Muss uns halt erst mal jemand erklären – grins.

Kurz danach bekamen wir erneut Besuch. Diesmal von Lena. Mit ihr waren wir über Daniel Mazur sowieso verabredet, denn sie sollte uns trainieren – dachten wir zumindest! Lena wusste davon herzlich wenig aber nach einem kurzen verwirrenden Gespräch und ein paar Lachern kamen wir schnell auf einen gemeinsamen Nenner und das Training nahm – fast wie geplant – seinen Lauf!

Später stellte sich dann auch heraus, dass Lena Dirks Tochter ist. So hatten wir ein gutes Duo: Lena sorgte für die fahrerischen Tipps und Dirk drehte uns den Vergaser und die Setup Einstellung hin.

Seitdem kann man sagen, bin ich mind. 1x in der Woche fleißig in Wittgenborn am Trainieren gewesen und habe mich jedes Mal ein kleines bisschen verbessert. Ich glaube, wenn Lena und Dirk nicht da gewesen wären, hätte ich das Ganze schnell hingeschmissen. Ich meine – wer lässt sich schon gern von allen Seiten überholen? Aber glücklicherweise hat Lena eine Gabe mich in schwachen Momenten immer wieder aufzubauen und zu motivieren.

Nicht wegzulassen ist die bedeutende Rolle von Team Chef Daniel Mazur und unserem festen Schrauber Klaus Grübel. Beide haben mich fast durchgehend begleitet und bei Rennen mit Hilfe, Rat und Tat zur Seite gestanden! Auch wenn es mal arg knapp wurde, haben sie für mich eine Lösung zusammen gebastelt.

Soweit – so gut. Noch fuhr ich ja immer noch mit einem IAME Gazelle rum und selbst wenn ich mich so richtig anstrengte, reichte es im Training nicht für meine Konkurrenten auf der Strecke, die bereits alle mit neuem Equipment und Motoren unterwegs waren. Ob Rotax Micro oder IAME Waterswift – sie waren schneller.

Damit ich nicht irgendwann die Lust verlieren würde, schlossen Lena und Papa einen Deal mit mir. Ich sollte mit dem mir bereitgestellten Material zunächst eine Marke knacken und mich damit erst mal so richtig anstrengen, damit ich dann einen IAME Waterswift Motor bekommen würde. Die Marke lautete eine 55Sek Rundenzeit, die auf jeden Fall zu knacken war (das weiß ich jetzt im Nachhinein) aber damals kam mir das unerreichbar vor!

Aber wer ein Ziel hat, der findet auch einen Weg! Ich packte meinen ganzen Ehrgeiz und trainierte mit Lena immer und immer wieder bis ich tatsächlich irgendwann eine 55(,999999999999) auf dem Tacho stehen hatte. JUHU! Ein Mann, ein Wort – schon ein paar Tage später kauften meine Eltern mir den neuen IAME Waterswift Motor. Heute fahre ich so gut wie überhaupt nicht mehr über den 55Sek.

An Rennen fahren hatten wir im Jahr 2015 eigentlich noch gar nicht gedacht, alles was wir im Sinn hatten war viel trainieren und Spaß haben. Lena brachte uns dann auf die Idee, dass ich bei einem Rennen wesentlich mehr lernen würde, denn ich würde gleich ins kalte Wasser geschmissen werden. Und so kam es, wie es kommen musste: mein erstes Rennen (RMKC) in der Bambini Klasse im Juni 2015 auf der Kartbahn in Wittgenborn.

Wie nicht anders zu erwarten, riss ich jetzt niemanden vom Hocker aber als Letzter kam ich auch nicht an und freute mich über einen 8. Platz und viele neue Gesichter. Natürlich war ich aufgeregt, wie so etwas abläuft. Ich glaube insgesamt waren alle sehr zufrieden mit mir, ich hatte viel Spaß und gab mein Bestes, zudem konnte ich wirklich viel von anderen abschauen.

Nur ein Rennen? Jetzt wo ich gerade erst angefangen habe? Neee…wir fahren gleich das nächste mit, na klar! Die nächste Veranstaltung organisierte die VEGA Trophy auf dem Erftlandring in Kerpen, schon zwei Wochen später. Gut, Wittgenborn kannte ich ja schon vom Training aber in Kerpen war ich ja noch nie! Also beschlossen wir, dass ich mit Lena schon vier Tage vor dem Rennen dorthin fahren würde um die Strecke kennenzulernen.

Vier Tage Dauerpower…naja das wäre ein wenig geflunkert. Zwei Tage davon haben wir uns eine Pause im nah gelegenen Phantasialand gegönnt und dort alles auf den Kopf gestellt, was man auf den Kopf stellen konnte.

Bei der VEGA Trophy starteten wesentlich mehr Bambini Waterswift als beim RMKC, der mehr mit Rotax Micro besetzt war. Insgesamt waren wir 21 Fahrer/innen. Desto mehr freute ich mich und mein ganzes Team – unter den Gesichtspunkten, dass es gerade das zweite Rennen und eine völlig unbekannte Strecke war – über einen tollen 17. Platz!

Bereits einige Wochen später veranstaltete auch der RMKC einen Lauf in Kerpen. So dachten wir uns, nehmen wir doch daran auch noch teil! Die Erfahrung, die wir bei der VEGA Trophy gesammelt haben, können wir dort bestimmt gut einsetzen! Leider lief es da aber so gar nicht gut für mich. Zwei technische Defekte bremsten mich für das gesamte Wochenende aus und ich war total deprimiert darüber. Irgendwie hatte ich sowieso das Gefühl, dass ich mit dem alten Birel bald an meine Grenzen stoßen würde.
Aber Verlieren gehört dazu, dass musste ich dort deutlich spüren! Nach ein paar Gesprächen mit meinen Eltern und meiner Trainerin Lena konnte ich auch wieder lachen und mich wieder fürs Trainieren motivieren.

Team Chef Daniel Mazur überredete uns schließlich, am WAKC Rennen in Schaafheim teilzunehmen. Hier sollte ich die negativen Gedanken aus Kerpen hinter mir lassen und zum Saisonabschluss nochmal Spaß haben. Leider kam es auch hier wieder ganz anders: Erstes Rennen, erster Start, erste Kurve, Unfall. Mein Kart, ein einziger Schrotthaufen. Ich selbst, ein wenig mitgenommen.

Total deprimiert ging ich, nachdem mich der Arzt durch gecheckt hatte, zu meinen Eltern und dort flossen erst mal die Tränen. Zwei Mal hintereinander so ein sch… Ergebnis und jetzt war das Kart auch noch vollkommen zerstört. Ich wusste nicht wie es weiter gehen sollte. Team Chef Daniel Mazur, Mechaniker Klaus Grübel und mein Papa gaben einfach alles, um mir das Kart zum zweiten Lauf wieder fahrbereit hinzustellen. Sie schafften es tatsächlich und ich nahm am zweiten Rennen teil. Doch fahren wäre wirklich übertrieben dargestellt. Es sah eher so aus, als wäre ich nach einer Flasche polnischen Wodka auf die Strecke losgelassen worden! Der Bock ließ sich überhaupt nicht mehr lenken, geschweige denn kontrollieren! Ich war stolz den Stier besiegt zu haben, als ich endlich die Zielflagge sah. Ich traute meinen Ohren nicht, als Daniel Mazur am Ende tatsächlich noch sagte „den machen wir wieder fit!“, das Kart einpackte und nach Hause fuhr.

 

In diesem Glauben fuhr ich mit meinem Eltern drei Tage später in Daniels Shop und sah meinen alten Birel Bock gerichtet und überholt in seiner Werkstatt stehen. Nach einem kurzen Gespräch sollten wir das Kart nun auf den Hänger aufladen. Dafür mussten natürlich ein paar Karts aus der Werkstatt rausgeschoben werden um Platz zu schaffen. Eines davon war mit einer Plane abgedeckt aber durch einen Spalt konnte ich erkennen, dass es ein Tony Kart war. Ein Tony…mein Traum. Schon das ganze Jahr habe ich andere Kinder mit einem Tony Kart bewundert.

Als ich begann das abgedeckte Kart rauszuschieben, rief mir mein Vater zu ich solle mal genau hinsehen! Ich sagte: „ja klar Papa, weiß ich doch! Das ist ein Tony“! Daraufhin machte mich mein Papa erneut darauf aufmerksam ganz genau hinzusehen. Und dann sah ich es, zwei Aufkleber auf den Seitenkästen mit der Aufschrift „Vincent Smykla“. Als ich realisiert hatte, dass das nun mein Kart war begann ich direkt in Freudentränen auszubrechen und stürzte mich auf meine Eltern. Meine Freude kann ich bis heute nicht beschreiben! Ich danke an dieser Stelle nochmals meinen Eltern und allen, die dazu beigetragen haben, dass ich dieses Kart bekommen habe! Ich verspreche dafür alles zu geben und euch nicht zu enttäuschen.

Eigentlich war ja die Saison für mich – so dachte ich – bereits beendet aber mit dem neuen Kart sind wir dann doch noch auf die restlichen Veranstaltungen gefahren, die das Jahr und die Clubsportserien noch so hergegeben haben: RMKC in Hahn und beim Michael Weichert Memorial in Oppenrod. Selbst von außen sah man direkt, wie viel besser ich mit dem neuen Chassis zurechtkam. Es war ein ganz anderes Fahren!

Alles in allem war es ein sehr lehrreiches Jahr. Sechs Rennen auf fünf verschiedenen Strecken, zwei verschiedene Chassis, zwei verschiedene Motoren und alle neuen Tipps und Tricks, die ich in meinen Kopf kriegen musste innerhalb eines halben Jahres – das war ganz schön viel. Ich denke für die nächste Saison sind wir mittlerweile gut gewappnet. Wir haben jede Menge dazu gelernt und sind materiell viel besser aufgestellt. Es wird nächstes Jahr nochmal eine harte Schule aber ich bin bereit diese anzutreten. Ihr hört von mir!